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WIE MAN EINE RAKETE STEUERT

Solange sich die Rakete in der Athmosphäre befindet, unterscheidet sich ihre Steuerung nicht sonderlich von der eines Flugzeugs. Genau wie das Flugzeug verstellbare Oberflächen -- Seitenruder und so weiter -- an Tragflächen und Heck besitzt, kann man eine Rakete mit Heckflossen ausstatten, die die gleichen Steuerflächen bieten (Abb. 1a). Bei dieser Methode gibt es zwei offensichtliche Probleme. Erstens muss die Rakete schnell genug fliegen, damit ausreichend Luftströmung entsteht. Beim Abheben bewegt sich die Rakete nicht schnell genug, und genau dabei braucht man die meiste Kontrolle. Zweitens müssen Raketen für die Raumfahrt in der Lage sein, in einem Vakuum zu operieren. Dennoch verwenden die meisten Booster und fast alle Modellraketen die eine oder andere Form passiver aerodynamischer Stabilisierung. Die Heckflossen einer Rakete, selbst wenn sie nicht beweglich sind, helfen dabei, die Rakete in der Flugbahn zu halten.
Abb. 1 - Unterschiedliche Methoden der Raketensteuerung. (a) Seitenruder; (b) Strahlruder; (c) V2/A4-Strahlruder im Abgasstrahl; (d) kardanisch montierter Antrieb; (e) Korrekturtriebwerke. (Foto (c) mit Genehmigung von V2Rocket.com)
Als Schiffe erstmals mit Schiffsschrauben ausgestattet wurden, stellten die Schiffbauer fest, dass sie den Effekt des Ruders verstärken konnten, indem sie es hinter der Schraube anbrachten. Das Ruder lenkte dann einen Teil des Schubes der Schraube ab. Gleichermaßen kann man Ruder statt in der Nachlaufströmung der Rakete im Schubstrahl selbst anbringen, so dass durch Drehung der Ruder ein Teil der ausströmenden Abgase in einem Winkel abgelenkt wird und damit die Schubrichtung verändert (Abb. 1b). Diese Methode wurde zusammen mit aerodynamischen Steuerflächen erfolgreich bei der deutschen V2-Rakete eingesetzt (Abb. 1c).

Die beste Methode, den Schubstrahl der Rakete auszurichten, ist aber, ihn komplett auszurichten. Das bedeutet, dass man den Antrieb selbst schwenkt, indem man ihn kardanisch aufhängt. (Fig. 1d). Da der gesamte Schub gerichtet wird, muss man ihn nicht besonders weit auslenken -- ein paar Grad sind ausreichend. Die meisten modernen Raketen, einschließch der Haupttriebwerke des Space Shuttle, benutzen kardanisch montierte Triebwerke.

Eine Rakete, die ihre Fluglage regeln muss, ohne dafür ihren Hauptantrieb zu benutzen, verwendet kleine RCS-Düsen, um die Rotation zu beeinflussen. Diese können dazu verwandt werden, Abweichungen in der Fluglage, die von achsabweichendem Schub verursacht werden, zu korrigieren (Abb. 1e). Der Nachteil dieser Methode liegt darin, dass die Rotationsrate üblicherweise nur um einen festen Betrag geändert werden kann, da die RCS-Düsen einen festgesetzten Schub haben.


WIE MAN EINE RAKETE LENKT

Die Fluglage einer Rakete zu kontrollieren ist aber nur die halbe Lösung. Ein Lenkrad bringt nicht viel ohne einen Fahrer und einen Weg, dem man folgen kann.

Man kann ein kardanisch montiertes Gyroskop benutzen, um einen festen Orientierungspunkt für die Lagekontrolle zu haben. Das Gyroskop hat immer die gleiche räumliche Ausrichtung, unabhängig von den Bewegungen der Rakete. Das gleiche Prinzip steckt hinter dem "künstlichen Horizont" in konventionellen Flugzeugen.

Fig. 2 - Schnittzeichnung des Trägheitsmessgeräts (Inertial Measurement Unit, IMU), das für die Apollo-Kommandomodule und Mondlandefähren eingesetzt wurde. Es war etwa so groß wie ein Basketball und enthielt Gyroskope und Beschleunigungsmesser.
Zwischen dem Gyroskop und den Strahlrudern sitzt das Leitsystem. Es kann so etwas einfaches wie ein elektischer Schaltkreis sein, der die Winkelabweichung des Gyroskops mit einem Stellwiderstand ausliest und Spannung an elektrische Aktoren anlegt. Aber normalerweise fällt die Aufgabe, die Position des Gyroskops zu interpretieren und Korrekturen anzubringen, an einen digitalen Computer. Moderne Leitsysteme sind in der Lage, mehrfach pro Sekunde die Gyro-Position zu ermitteln und den Schubvektor anzupassen.

Ein weiterer Vorteil beim Einsatz digitaler Computer liegt darin, dass durch die Kombination der Gyro-Information mit der Flughöhe, genauer Zeitnahme und Geschwindigkeit, die Rakete so gelenkt werden kann, dass sie exakt einer vorberechneten Flugbahn folgt. Diese muss nicht gerade nach oben gehen oder eine gerade Linie sein. Ein Teil davon konnte bereits vor der Erfindung digitaler Computer realisiert werden. Die V2-Rakete benutzte Zeitgeber und einfachere Elektronik, um eine ballistische Flugbahn für den Einsatz als Waffe zu erreichen.

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