WAS IST WÄRME?
Das scheint eine seltsame Frage zu sein. Aber eine Vorstellung davon zu
haben, was man in den Naturwissenschaften unter Wärme versteht ist äußerst
hilfreich, wenn man sich mit Vorgängen im Weltall und auf der Mondoberfläche
befasst. Die Vorstellung, die ein Durchschnittsbürger von Wärme hat, könnte
sich als wenig geeignet erweisen. Hier ist eine vereinfachte Darstellung
von Wärme und Wärmeübertragung im physikalischen Sinn.
Einfach ausgedrückt ist Wärme die Schwingung von Molekülen in einer Substanz.
Sogar in Festkörpern bewegen sich die Moleküle, aus denen sie bestehen. Je
heißer ein Gegenstand ist, desto stärker hüpfen und springen die Moleküle.
Wenn die Moleküle sehr stark angeregt sind (d.h. wenn sie viel Energie besitzen),
können sie sogar die Struktur eines festen Körpers aufbrechen, die Substanz erfährt
dann einen Phasenübergang vom festen zum flüssigen Zustand. Entsprechend
wechselt die Substanz in die Gasphase (den gasförmigen Zustand), wenn die Bewegung
der Moleküle zu stark wird, um sie in der Flüssigkeit zu halten.
Es ist möglich, daß verschiedene Bereiche eines Gegenstands verschiedene
Temperaturen aufweisen. Der Temperaturunterschied zwischen dem heissen und dem
kalten Teil eines Objekts wird der "Temperaturgradient" des Objektes genannt.
Ein schwingendes Molekül überträgt einen Teil seiner überschüssigen
Schwingungsenergie auf seine Nachbarmoleküle. Diese beginnen dann auch zu
schwingen, aber das erste Molekül schwingt jetzt weniger, weil ihm ein Teil
seiner Schwingungsenergie von seinen Nachbarn entzogen worden ist. Auf diese
Weise breitet sich Wärme in einem beliebigen Stoff aus.
Die Fähigkeit eines Objektes, Wärme von einem seiner Bereiche in einen
anderen zu transportieren wird "thermische Leitfähigkeit" (oder "Wärmeleitfähigkeit")
genannt. Sie hängt von der Substanz ab, aus dem das Objekt besteht. Bestimmte Stoffe
wie z.B. Metalle leiten Wärme sehr gut. Das bedeutet, dass die Nachbarmoleküle (bzw.
-atome) eines schwingenden Metallatoms sehr bald auch mit dem Schwingen anfangen.
Ein Stoff, der Wärme nur schlecht leitet kann als thermischer oder Wärmeisolator
benutzt werden. In einem solchen Stoff schwingen zwar die Moleküle oder Atome
auf der Oberfläche, aber die benachbarten Teilchen fangen nicht so leicht mit
dem Mitschwingen an.
WÄRMEÜBERTRAGUNG
Die Übertragung von Wärme von einem Gegenstand auf einen anderen ist nichts
anderes als die Übertragung der Molekülschwingungen von einem Gegenstand zum
anderen. Wie Sie sich vorstellen können, ist die einfachste Methode die
"Wärmeübertragung durch Wärmeleitung". Man bringt die beiden Objekte in Kontakt
miteinander und schon bringen die schwingenden Moleküle im heißeren Objekt die
Moleküle im kälteren Objekt zum mitschwingen.
Die thermische Leitfähigkeit der beteiligten Objekte spielt eine wichtige
Rolle dabei, wie viel Wärme übertragen wird. Allgemein lässt sich sagen, dass
Feststoffe die grösste Wärmeleitfähigkeit besitzen. Flüssigkeiten leiten die
Wärme schlechter. Wieso das? Weil in Flüssigkeiten die Moleküle meistens einen
grösseren Abstand voneinander haben als in festen Stoffen. Wenn die Moleküle
auf einen grösseren Raum verteilt sind ist es nicht so leicht, Schwingungen
von einem Molekül zu den anderen zu übertragen. Gase besitzen die schlechteste
Wärmeleitfähigkeit, weil dort die Moleküle noch einen viel grösseren Abstand
voneinander haben.
Wenn die Wärme durch ein fluides Medium (das heißt, eine
Flüssigkeit oder ein Gas) übertragen wird, dann haben wir einen etwas anderen
Weg, die Wärmeübertragung durch Konvektion. Damit verbindet man die Vorstellung
eines "Kühlmittels", das die Wärme "davonträgt". Diese Form der
Wärmeübertragung ist das was den Motor Ihres Autos kühlt. Dabei wird Wasser
durch die heissen Bauteile geführt, nimmt dort Wärme auf und wird dann durch
den Kühler geleitet, wo es die Wärme an die Luft abgibt.
Die Luft, die uns umgibt spielt eine grosse Rolle bei unseren alltäglichen
Erfahrungen mit der leitenden Wärmeübertragung. Die Meteorologie als
Wissenschaft basiert im wesentlichen auf den thermischen Eigenschaften der
Erdathmosphäre. Die im täglichen Wetterbericht genannten Temperaturen sind
die Temperaturen der Luft an verschiedenen Orten auf der Erde. In unseren
Alltagserfahrungen ist die Erdathmosphäre der wichtigste Wärmeleiter.
EINE HEIMLICHERE FORM DER
ÜBERTRAGUNG
Wärmeleitung ist recht einfach zu verstehen, aber es gibt noch einen
anderen wichtigen Vorgang. Angeregte Moleküle setzen elektromagnetische
Strahlung frei (das heißt, sichtbares, infrarotes oder ultraviolettes Licht,
Röntgen- und Gammastrahlung, Radio- oder Mikrowellen). Diese Freisetzung von
(Strahlungs-)Energie führt dazu, dass sie langsamer schwingen, und hilft ihnen
dabei, Wärme loszuwerden.
Umgekehrt gelangt ein Molekül auf einen höher angeregten Zustand und
schwingt damit schneller, wenn es elektromagnetische Strahlung absorbiert
(=aufnimmt). Es ist klar ersichtlich, dass Gegenstände über diesen
Mechanismus Wärme untereinander übertragen können, ohne dass sie sich dazu
berühren müssen. Der Mechanismus wird "Wärmeübertragung durch Strahlung" genannt.
Objekte übertragen dabei Wärme durch elektromagnetische Strahlung.
Zur elektromagnetischen Strahlung gehört auch sichtbares Licht. Wir sehen
oft heiße Gegenstände, die elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Teil
des elektromagnetischen Spektrums abgeben. Die Wellenlänge des emittierten
(=abgegebenen) Lichts hängt davon ab, um welche Substanz es sich handelt, und wie
stark diese Substanz erhitzt wird. Die allermeisten warmen Objekte geben Licht
im infraroten Teil des Spektrums ab. Deshalb benutzt man bei Alarmanlagen auch
Infrarotsensoren, um warme menschliche Körper dort aufzuspüren, wo sie nicht
unbedingt hingehören.
UND WIE GEHÖRT DAS JETZT ZUSAMMEN?
Die beiden genannten Formen der Wärmeübertragung sind für so ziemlich alle
unsere praktischen Erfahrungen mit Wärme verantwortlich.
Die Sonne erwärmt die Erdathmosphäre mittels Wärmeübertragung durch Strahlung.
Von der Sonne kommen riesige Mengen elektromagnetischer Strahlung aller möglichen
Wellenlängen und treffen auf die Erde. Die verschiedenen Substanzen auf der Erde
(Staub, Steine, Wasser, Beton, Sand und so weiter) schlucken diese Energie,
wodurch sie sich erwärmen. Über leitende Wärmeübertragung geben sie diese Wärme
an die sie umgebende Athmosphäre und am Ende auch an uns ab.
Die im Wetterbericht genannte Temperatur ist immer die Lufttemperatur. An
einem schönen Sommertag kann die Lufttemperatur z.B. 21°C betragen. Aber die
Stoffe, aus denen die verschiedenen Oberflächen der Erde bestehen können an
diesem Tag um einiges wärmer gewesen sein. Sind Sie schon mal an einem heißen
Tag barfuß auf dunklem Asphalt gelaufen? Sie spüren normalerweise sehr, sehr
große Hitze unter Ihren Füßen. Da Ihre eigene Körpertemperatur 37°C beträgt
wissen Sie, dass die Straße deutlich heißer sein muss, vielleicht so um die 50°C.
Dieser Unterschied zwischen Oberflächen- und Lufttemperatur ist sehr wichtig,
wenn man die Verhältnisse auf der Mondoberfläche verstehen will.
Halten Sie Ihre Hand einmal in die Nähe eines heißen Gegenstandes wie zum
Beispiel eine Pfanne auf dem Herd. Sie können die Hitze spüren, obwohl Sie sie
gar nicht berühren. Die Luft zwischen der Pfanne und Ihrer Hand leitet die
Wärme von der Pfanne zu Ihrer Hand. Je weiter Sie Ihre Hand von der Pfanne
wegbewegen, desto weniger Wärme kann über die Distanz Pfanne - Hand
übertragen werden.
Falls Sie schon einmal auf einer voll ausgeleuchteten Bühne gestanden haben,
wissen Sie wie heiß einem dort werden kann. Das ist Übertragung von Wärme durch
Strahlung - genau wie von der Sonne. Die sehr heißen Glühwendeln in den
Glühbirnen setzen viel elektromagnetische Strahlung frei, die dann auf Ihre Haut
trifft. Durch Absorption dieser Strahlung erwärmt sich Ihre Haut, was Sie dann
als Hitze spüren.
Mikrowellenherde benutzen einen speziellen Fall dieser Erscheinung.
Mikrowellen sind ein Bestandteil des elektromagnetischen Spektrums. Es handelt
sich dabei um Licht einer Wellenlänge, die Wassermoleküle besonders stark zum
schwingen bringt.
Im Weltall gibt es keine Luft. Das bedeutet, es gibt keine Wärmeleitung
zwischen Objekten, die sich nicht berühren. Es gibt nur Wärmeübertragung durch
Strahlung. Dies ist aus zwei Gründen wichtig. Erstens, Sie können sich wirklich
sehr nahe an etwas sehr heißem befinden und werden doch nur wenig Hitze spüren.
(Durch Strahlung wird üblicherweise weniger Wärme als durch Wärmeleitung
übertragen.)
Zweitens: alle Objekte brauchen länger, um abzukühlen. Wärmeleitung zur
Athmosphäre ist die wichtigste Methode, um auf der Erde Dinge kühl zu halten.
In einem Vakuum können Gegenstände Wärme nur durch Strahlung loswerden, und
weil das weniger Wärme überträgt ist das keine so leistungsfähige Methode.
AUF ZUR GOLDENEN MITTE: DER
GLEICHGEWICHTSZUSTAND
Wir haben also zwei Wege, auf denen ein Gegenstand Wärme aufnehmen und
sie an andere Objekte weitergeben kann. In der Praxis nimmt jedes Objekt Wärme
auf und gibt gleichzeitig auch Wärme ab. Wenn es Wärme schneller aufnimmt als
es sie abgibt, dann erwärmt es sich. Wenn das Objekt die Wärme schneller abgibt
als aufnimmt, dann kühlt es sich ab. Ein Objekt mit einer gleichbleibenden
Temperatur erhält genauso viel Wärme wie es abgibt. Das nennt man den
"thermischen Gleichgewichtszustand"
Ein Objekt, deas sich im thermischen Gleichgewicht befindet kann immer
noch einen Temperaturgradienten aufweisen. Lassen wir einmal eine helle Lampe
auf einen Gegenstand scheinen. Die Seite, auf die das Licht fällt wird dabei
durch die Strahlung erwärmt, die im Schatten gelegene Seite wird immer kühler
bleiben. Aber wenn sich die Temperatur an jedem einzelnen Punkt des
Gegenstandes nicht mit der Zeit ändert, dann sagt man der Gegenstand ist im
(thermischen) Gleichgewicht.
Eine etwas kompliziertere Version dieses Beispiels wäre eine Betonfahrbahn
an einem ruhigen Tag. Die Sonne erwärmt die Fahrbahn auf vielleicht 50°C. Sie
könnte eigentlich noch heißer werden, aber ein Teil der Wärme wird ihr durch
die Luft über der darüber entzogen. Die Luft wird kühler sein, sagen wir mal
21°C, weil sie eine geringere Dichte aufweist als die Fahrbahn (und dadurch
weniger Strahlung absorbiert.) Sehr dicht über der Fahrbahn ist die Luft aber
deutlich wärmer. Solange der Wind nichts durcheinanderbringt wird dieses System
im Gleichgewicht bleiben, obwohl wir an verschiedenen Stellen unterschiedliche
Temperaturen feststellen.
Im Weltraum ist unsere Fähigkeit, Wärme loszuwerden, begrenzt. Da die
Weiterleitung von Wärme an die Luft ausfällt und nur das Abstrahlen von Wärme
bleibt, wird ein Objekt zunächst schneller Wärme aufnehmen als es sie abstrahlen
kann. Das bedeutet, die Gleichgewichtstemperatur wird für alle Gegenstände im
Vakuum deutlich höher sein als in der Erdathmosphäre. Die gleiche Betonautobahn
wie oben kann im Vakuum auf 120°C aufgeheizt werden.
DIE WÄRME IN DIE SCHRANKEN WEISEN
Wir wissen intuitiv, dass sich Dinge im Schatten weniger aufheizen. Ohne
Wärmeübertragung durch das Sonnenlicht können Gegenstände nur weitergeleitete
Wärme aufnehmen. Da das Vakuum im Weltraum unsere Möglichkeiten, Wärme loszuwerden
begrenzt, ist die beste Methode, dort kühl zu bleiben die, sich gar nicht erst
aufzuheizen. Glücklicherweise begrenzt das Vakuum auch die Möglichkeiten, Wärme
zu empfangen. Daher können wir einen Gegenstand kühl halten, indem wir die
Strahlung begrenzen oder gleich ganz abschirmen, die zu ihm gelangt.
Erfahrung lehrt uns: es ist nicht unbedingt sehr schlau an einem sonnigen
Sommertag ein schwarzes Hemd zu tragen. Im Sommer sieht man vor allem helle
Farben, weil sie die elektromagnetische Strahlung, die uns aufheizt reflektieren.
Die gleichen Grundsätze gelten im Weltraum. Etwas tiefschwarz anzumalen würde
dieses etwas dazu bringen, Sonnenlicht zu absorbieren und sich dadurch
aufzuheizen. Umgekehrt kann man Dinge vor dem erhitzen bewahren, indem man sie
mit einem spiegelndem Material bedeckt, was die Absorption vermindert.
DIE KELVIN-SKALA
Wir benutzen für die Temperaturwerte, mit denen wir im Alltag zu tun haben
die Celsius-Temperaturskala, manche Leute messen auch in Fahrenheit. Beide
benutzen sowohl positive als auch negative Werte. Das macht die Dinge etwas
kompliziert, wenn man in einer wissenschaftlichen Formel mit ihnen rechnen muss.
Wenn wir uns wissenschaftlich mit der Wärmeübertragung auseinandersetzen
benutzen wir daher eine besondere Temperaturskala, genannt Kelvin. Die
Temperatur eines Objekts in Kelvin erhält man ganz einfach, indem man zur
Temperatur in Celsius die Zahl 273 dazuzählt. Dadurch werden alle gemessenen
Temperaturen größer als Null.
Warum ausgerechnet 273? Weil Wissenschaftler gezeigt haben, dass bei -273°C
alle Molekülschwingungen aufhören. Das heißt, in einer Substanz bei dieser
Temperatur gibt es keine Wärme. Nichts kann kälter sein als die totale
Abwesenheit von molekularer Bewegung, daher wird -273°C (bzw. 0 Kelvin) auch
der "absolute Nullpunkt" genannt - die tiefste Temperatur, die ein Objekt
theoretisch haben kann. Wenn das der Nullpunkt auf unserer Temperaturskala ist,
dann können uns keine doofen negativen Zahlen bei unseren Berechnungen
durcheinanderbringen.
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